„Nichts fürchtet die Bürokratie mehr als Unordnung und Selbstbestimmung“, kommentierte Roland Röder für den Saarländischen Flüchtlingsrat die ständigen Mahnungen der Landesregierung, dass angesichts der hohen Zuwanderung von Flüchtlingen Chaos entstehen und die solidarische Stimmung innerhalb der Bevölkerung kippen könnte.
Hier das „Chaos“, dort die Kräfte der „Ordnung“. Hier die Flüchtlinge, die sich auf ihrem Weg nach Europa gegen unmenschliche Behandlung wehren und sogar ohne schriftliche Erlaubnis die Notbremse ziehen. Dort die EU-Institutionen und die saarländische Landesregierung, die das alles bewältigen müssen.
„Der Saarländische Flüchtlingsrat fürchtet nicht, dass innerhalb der Bevölkerung die Stimmung kippt.“, so Roland Röder. „Im Gegenteil: Viele sind in Sachen Solidarität und Unterstützung weiter als die Landesregierung.“ Dennoch dürfe man das Potenzial der rassistischen Ablehnung nicht unterschätzen. Das habe auch der Brandanschlag in Bliesdalheim auf eine zukünftige Unterkunft gezeigt.
Nicht der Staat hat die „Willkommenskultur“ erfunden, sondern sie wurde von Flüchtlingen und Flüchtlingsorganisationen auf den Weg gebracht; genau genommen erkämpft. Quer durch die Republik gibt es eine große Zahl von Helfern und Unterstützern, die diese „Willkommenskultur“ praktisch leben. Im Saarland steht ihnen eine Landesregierung gegenüber, die gerade dabei ist, Solidarität und Hilfe mittels Stabsstellen und Bürokratie in geordnete Bahnen zu lenken, aber das Wesentliche übersieht: Die europäische Abwehr- und Abschottungspolitik gegenüber Flüchtlingen ist faktisch gescheitert. Es gibt kein „Weiter so“, auch wenn Deutschland jetzt die Grenzen dicht macht.
„Die Festung Europa ist durchlässig. Das Dublin-System am Ende.“, erklärte Peter Nobert ebenfalls für den Flüchtlingsrat. „Immer deutlicher wird: Flüchtlinge fordern aktiv ihr Recht auf Leben und Perspektive für sich und ihre Familien ein.“ Das sei die Botschaft aus Kos, Lesbos, Mazedonien, Ungarn oder Passau. Das motiviere auch viele Menschen hierzulande Flüchtlingen solidarisch zur Seite zu stehen.