Dotschy Reinhard, geboren 1975, lebt und arbeitet in Berlin. In ihrer Musik verbindet sie Jazz, Bossa Nova und Gypsy-Swing im Stil von Django Reinhard. Mit dem weltberühmten Jazzmusiker ist sie tatsächlich verwandt. In ihrem 2014 erschienenen Buch möchte Reinhard aufzeigen, wie gelebte Kultur von Sinti und Roma wirklich aussieht. Sie hat dazu mit vielen Sinti und Roma in Europa und den USA gesprochen. Sie arbeiten in den Bereichen Musik, Fernsehen und Film, Literatur, Mode und Kunst. „Daneben möchte ich zeigen, wie eine Erinnerungskultur zukunftsweisend sein kann, wie Sinti und Roma gegen alle Klischees ihren Platz in der Gesellschaft behaupten und welche Probleme sie in anderen Ländern haben – oder auch nicht haben.“
Die „Zigeuner“ wurden von den Nazis als „Untermenschen“ deklassiert und in Konzentrationslagern eingesperrt. Eine halbe Millionen hat man dort ermordet. Trotzdem, so berichtet Reinhard, hängt man auch in Deutschland noch an seinen Vorurteilen über die „Zigeuner“ – auch in der Kunst. Dazu gehören die „positiven“ romantischen Projektionen: die glutäugige „Zigeunerin“ als Wahrsagerin mit der Kugel und wilden schwarzen Haaren, der leidenschaftliche Teufelsgeiger. Das „fahrende Volk“,glaubt jeder zu wissen, das sind keine anständigen Leute. Sie sind arbeitsscheu, klauen, betrügen und betteln. Das sind die offen rassistischen Vorurteile. In jüngster Zeit spricht man von„Armutsflüchtlingen“ aus Osteuropa, die nicht arbeiten wollen, sondern unser Sozialsystem plündern.
Als Sinteza hat Dotschy Reinhard diese Vorurteilsstrukturen direkt erlebt, selbst als Künstlerin in Talkshows von öffentlich rechtlichen Fernsehsendern. „Die einzige Methode gegen Vorurteile ist Wissen, das man durch Aufklärung und Erfahrungen mit Sinti und Roma erlangen kann… Emotionale Intelligenz erfordert jedoch eine gewisse Sensibilität. Ein Bedürfnis, Dinge zu erfahren und ihnen auf den Grund zu gehen. Die meisten, die etwas gegen Sinti, Juden, Türken oder andere haben, lassen sich nur schwer mit Wissen überzeugen…Ich denke, dass der Schlüssel bei jedem von uns selber zu finden ist. Eigenverantwortung zu erkennen… Eigenverantwortung der jungen Generation bedeutet auch, aus den Fehlern der Großelterngeneration zu lernen.“
Dotschy Reinhard, Everybody`s GYPSY, Popkultur zwischen Ausgrenzung und Respekt, Metrolit Verlag 2014