In Ägypten wurde ein neues Anti-Terror-Gesetz per Dekret erlassen, das die Pressefreiheit und Berichterstattung stark einschränken soll. Es gelten nun drakonische Strafen, allerdings auch für Menschenrechtler und Journalisten weltweit. Die Journalistenverbände in Berlin protestieren gegen dieses Dekret.
Präsident Abdel Fattah Al-Sisi lies dieses umstrittene Anti-Terror-Gesetz in Kraft treten, wie die Zeitung „Al-Ahram“ am Sonntag mitteilte. Das Dekret sieht die Todesstrafe für schwere Terror-Anschläge vor. Es kann aber auch monatelange Ausgangssperren verhängen und setzt Journalisten bei der Berichterstattung über terroristische Anschläge strafrechtliche Grenzen. Damit wird die Presse- und Meinungsfreiheit in Ägypten auch für die Menschrechtsorganisationen und Journalisten stark eingeschränkt. Sie kritisieren vor allem die umstrittene Definition von Terrorismus in dem Dekret und fordern die sofortige Abschaffung dieses neuen Anti-Terror-Gesetzes.
Ägypten wird allerdings seit dem Sturz des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi durch das Militär im Jahr 2013 regelmäßig von Terroranschlägen erschüttert. Im Norden auf der Sinaihalbinsel haben militante Gruppen immer wieder Polizei und Armee angegriffen, unter den Angreifern soll auch ein Ableger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) sein. Nach Angaben eines Armeesprechers wurden dabei 21 Soldaten und mehr als hundert Dschihadisten getötet. Andere Regierungsvertreter hatten jedoch deutlich höhere Opferzahlen auf Armeeseite genannt und berichteten von mehr als hundert getöteten Polizisten und Soldaten. Eine derartige zerrissene Berichterstattung ist schlecht für die Moral des Landes, erklärten die Regierungsvertreter.
Aber was ist nur aus dem Arabischen Frühling geworden? Der Arabische Frühling hatte sich gegen die autoritär herrschenden Regime auch in Ägypten gerichtet. Der Arabische Frühling gilt für viele Historiker und Journalisten als historische Zäsur, also als Grenze zwischen zwei Zeitepochen. Man erhoffte sich eine Verbesserung in Hinblick auf die Menschenrechtslage; mittlerweile hat sich diese Epoche wieder rückwärts ins Totalitäre gerichtet. Die Muslimbruderschaft, die nach dem Arabischen Frühling die ersten freien Wahlen Ägyptens gewonnen hatten, sind inzwischen verboten und als terroristisch eingestuft. Das neue Gesetz ermöglicht künftig Eilverfahren gegen „mutmaßliche“ Terroristen vor speziell eingerichteten Anti-Terror-Kammern. Als terroristisch wird jede Gewalttat angesehen, die die Funktionsfähigkeit staatlicher Einrichtungen behindert. Wer der Mitgliedschaft in einer militanten Gruppe schuldig gesprochen wird, muss mit einer Haftstrafe von bis zu zehn Jahren rechnen. Bei tödlichen Terroranschlägen droht den Tätern die Todesstrafe. Im Vorgehen gegen Terroristen hat Ägyptens Präsident durch das neue Gesetz, die Möglichkeit ganze Gebiete räumen zu lassen oder regionale Ausgangsperren zu verhängen.
Zusätzlich tritt nun die Einschränkung der Pressefreiheit in Kraft. Laut Paragraf 35 im Gesetz müssen Journalisten, die bei Terrorangriffen „falsche“ Informationen verbreiten, die den offiziellen Erklärungen des Verteidigungsministeriums widersprechen, eine Geldstrafe zwischen umgerechnet rund 23.000 Euro und 58.000 Euro bezahlen. Darüber hinaus kann ein einjähriges Berufsverbot für Journalisten verhängt werden. Ursprünglich hatte dieser Paragraf sogar eine Mindesthaftstrafe von zwei Jahren beinhaltet, dieser wurde nach internationalen Protesten jedoch abgemildert. Doch auch die Neuregelung wird als Beschneidung der Pressefreiheit kritisiert. Die sehr hohen Geldstrafen könnten für kleine Zeitungen das Aus bedeuten und größere Medien davon abhalten, unabhängig über Angriffe von Extremisten und Offensiven gegen sie zu berichten, befürchten die Kritiker. Regierungsvertreter heben hingegen hervor, dass für eine Verurteilung den Betroffenen nachgewiesen werden müsse, dass sie absichtlich falsche Informationen veröffentlichten.
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) jedoch kritisierte die Maßnahmen: „Mit dem Anti-Terror-Gesetz schafft die ägyptische Regierung den letzten Rest an Pressefreiheit ab, den es noch gab.“ Der Bundesvorsitzende des DJV, Michael Konken, forderte die Bundesregierung auf, ihre Kontakte zum ägyptischen Präsidenten zu nutzen, um das Gesetz zu stoppen und die Pressefreiheit wieder herzustellen.