Tausende Flüchtlinge und Asylsuchende sowie Migrantinnen und Migranten sitzen auf ihrem Weg in die Europäische Union in den Westbalkan-Staaten Mazedonien und Serbien fest. Dort werden sie häufig von staatlichen Behörden und kriminellen Banden misshandelt und erpresst. Das dokumentiert der heute veröffentlichte Amnesty-Bericht „Europe’s Borderlands: Violations against migrants and refugees in Macedonia, Serbia and Hungary“.
Um dem lebensgefährlichen Weg von Libyen über das zentrale Mittelmeer nach Italien zu entgehen, nutzen die meisten Flüchtlinge derzeit die Westbalkan-Route von Griechenland über Mazedonien und Serbien nach Ungarn, um in die EU zu kommen. Doch auch auf dieser Route sind sie nicht sicher vor Gewalt.
„Flüchtlinge, die vor Krieg und Verfolgung in die EU fliehen wollen, sitzen in Mazedonien und Serbien in der Falle: Sie werden häufig misshandelt. Sie haben keine Chance auf ein faires Asylverfahren, das ihnen nach internationalem Recht zusteht. Und sie werden daran gehindert, in die EU weiterzureisen“, sagt Selmin Çalışkan, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland. „Wenn die Bundeskanzlerin am 8. Juli in die Region reist, muss sie auch die Situation der Flüchtlinge ansprechen. Gleichzeitig darf es nicht sein, dass die Europäische Union sich weiter abschottet und ihre Verantwortung für den Schutz von Flüchtlingen auf die Nachbarstaaten abschiebt.“
Die Flüchtlinge leben ständig mit der Gefahr, an einer der Grenzen zwischen Griechenland, Mazedonien und Serbien in das vorherige Land zurückgeschickt (push-backs) oder willkürlich inhaftiert zu werden, oft einhergehend mit schweren Misshandlungen. Wenn die Flüchtlinge es schaffen, nach Ungarn zu kommen, droht ihnen weitere Gewalt und Abschiebung.
„Die EU muss endlich sichere Zugangswege für Flüchtlinge schaffen und ihnen einen effektiven Zugang zum EU-Asylsystem ermöglichen. Die europäischen Politiker tragen sonst eine Mitverantwortung für die vielen Kettenabschiebungen auf dem Westbalkan und den schweren Menschenrechtsverletzungen in Serbien und Mazedonien“, so Çalışkan.
Unterdessen plant Ungarn, einen vier Meter hohen Zaun an der serbischen Grenze zu errichten und Serbien als „sicheren Transitstaat“ einzustufen. Das würde Abschiebungen weiter erleichtern. „Wenn Ungarn sich weiter abschottet und Flüchtlinge noch schneller abschieben will, werden die Menschen weiter misshandelt und von Land zu Land verschoben – ohne Chance auf ein faires Asylverfahren. Diese Situation können die EU-Partner nicht hinnehmen“, so Calışkan.