Die Flüchtlingskommission der Vereinten Nationen (UNHCR) in Genf sagte, dass seit Anfang Juni die Präsenz im Mittelmeer verstärkt werden würde. An den ostägäischen Inseln Griechenlands und an den Meeresküsten der Türkei sind in den letzten Wochen bis zu 600 Flüchtlinge pro Tag aufgenommen worden.
Auf der Internetplattform WikiLeaks sind Ende Mai 2015 die EU-Pläne für eine eventuelle militärische Intervention gegen „Flüchtlingsboote“ aus Libyen im Mittelmeer veröffentlicht geworden. Es flüchten allein in den ersten fünf Monaten diesen Jahren über 42.000 Menschen, die meisten davon auf dem Seeweg, nach Südeuropa. Das entspricht dem sechsfachen Niveau des Vorjahres (6.500) und fast der gleichen Anzahl an Flüchtlingen aus dem Jahr 2014 (43.500). Mehr als 90 Prozent der eintreffenden Menschen sind Flüchtlinge aus Krisengebieten wie Libyen und Kriegsgebieten wie Syrien (mehr als 60 Prozent der Ankünfte in diesem Jahr), Afghanistan, Irak, Somalia und Eritrea. „Die Flüchtlinge überqueren das Mittelmeer östlich der Ägäis aus der Türkei kommend in kleinen, fadenscheinigen Booten oder aufblasbaren Schlauchbooten. Sie sind auf mehr als 15 verschiedenen griechischen Inseln gestrandet oder wurden auf dem Mittelmeer von der griechischen Küstenwache gerettet,“ sagte die UNHCR-Sprecherin Melissa Fleming zu Journalisten in Genf. „Die größte Flüchtlingsströme sind auf Lesbos, Chios und Samos sowie den Dodekanes-Inseln, besonders Kos und Leros registriert worden. Eine kleinere Zahl von Flüchtlingen haben auch Griechenlands Landgrenze, am Evros entlang, von der Türkei aus überquert.“
Die große Zahl von Flüchtlingen führt zu enormen Engpässen bei den Behörden, die Flüchtlinge ermitteln, registrieren und auf die Flüchtlingslager verteilen müssen. Die drei vorhandenen Auffangeinrichtungen in Lesbos, Chios und Samos sind stark überfüllt. Die Flüchtlinge warten auf ihre Registrierung, darunter viele Familien mit Kindern. Sie haben keine andere Wahl, als im Freien zu schlafen. Darüber hinaus haben viele Flüchtlinge, die Landung auf abgelegenen Stränden mit vielen Strapazen überlebt, darunter sind viele ältere Menschen und kleine Kinder, die oftmals kilometerweit laufen mussten.
Es gibt keine regelmäßigen Vorschriften Lebensmitteln oder Trinkwasser an Flüchtlinge zu verteilen, ehe sie nicht bei den Behörden registriert und in ihre Auffanglager untergebracht worden sind. Auf einigen Inseln wurden Freiwillige gebeten, Lebensmittel-Spenden an Flüchtlinge zu verteilen oder ungenutzte Gebäude zum Schlafen zur Verfügung zu stellen.
Auf der griechischen Insel Kos sind über 7.000 Flüchtlinge in diesem Jahr angekommen. Es gibt keine offiziellen Einrichtungen für die Flüchtlinge. Die Lebensbedingungen sind besonders schlimm. Hunderte von Frauen, Kinder und Männern schlafen in beengten und unhygienischen Räumen oder verlassenen Gebäuden.
Die UN-Kommissarin Fleming sagte, dass UNHCR schätzt, dass ab Ende Mai, fast 90.000 Flüchtlinge und MigrantInnen über das Mittelmeer geflohen sind. Davon sind 46.500 Flüchtlinge in Italien gelandet und die 42.000 in Griechenland. Eine kleinere Zahl wurde auch in Spanien (920) und Malta (91) verzeichnet. Zur gleichen Zeit sind 1.850 Flüchtlinge oder Migranten auf der Flucht gestorben oder im Meer ertrunken. Im gleichen Zeitraum überquerten im vergangenen Jahr 49.000 Flüchtlinge das Mittelmeer nach Südeuropa.
Um ein möglichst breites Publikum auf die Arbeit des UNHCR aufmerksam zu machen, arbeitet das Hochkommissariat der UN-Flüchtlingskommission mit sogenannten Sonderbotschafterinnen und Sonderbotschaftern zusammen. Die Schauspielerin Angelina Jolie und ihr berühmter Ehemann engagieren sich besonders für die Flüchtlinge aus Syrien. Seit Jahren setzt die Schauspielerin sich für Flüchtlinge in aller Welt ein. Nun übte Angelina Jolie auch scharfe Kritik vor allem im UN-Sicherheitsrat und ruft die Weltmächte auf, den Flüchtlingen zu helfen. Sie hatte bereits mehrfach Flüchtlingslager in der Region besucht.
Wenn die Ursachen für Krieg, Terror und Menschenhandel aus den flüchtlingsproduzierenden Ländern nicht behoben werden, gibt es keine Zukunft für die Menschen und der Zustrom nach Europa wird nicht abnehmen. Deshalb ist gerade die von der Bundeskanzlerin so sehr bemühte Wertegemeinschaft gefordert, sich aktiv für den Frieden und die Armutsbekämpfung einzusetzen. Die Bundesregierung soll nicht nur sämtliche Waffenlieferung in Krisengebiete und Länder ohne demokratisch gewählte Regierungen stoppen, sondern diese Politik auch bei ihren Nato-Partnern durchzusetzen. Anstatt auf Schlepperboote zu schießen und militärische Einsätze gegen Flüchtlingsboote zu planen, muss die westliche Kriegstreiberei beendetet werden. Und solange das nicht geschieht, ist Europa moralisch verpflichtet den Opfern dieser verfehlten Außenpolitik zu helfen. Deshalb ist nun das Gesamtkonzept zur Flüchtlingsthematik dringend vorzulegen. „Refugees welcome! Kein Flüchtling ist illegal!“