Interview mit und Bilder von der Aktivistin und Fotografin Julia Odenwald zu der massiven Polizeipräsenz und den Einschränkungen der Versammlungsfreiheit bei den G7 Protesten.
Nach den Protesten in Garmisch war das Echo in den Medien und aus Garmisch sehr positiv. Alle schienen überrascht, dass es so friedlich geblieben ist. Warst Du auch überrascht?
Nein, überrascht war ich nicht, denn weder „STOP G7 ELMAU 2015“, der Veranstalter des Protestes, noch die Aktivist_innen, die in Garmisch waren, hatten die Absicht Gewalt anzuwenden. Im Vorfeld des Protestes haben Staat und Polizei wiederholt versucht, in den Medien und in der Öffentlichkeit den Protest zu kriminalisieren. Das war sehr unfair. Das Ganze hätte friedlich ablaufen können, wenn die Polizei keine Gewalt eingesetzt hätte. Sie hat durch ihr Verhalten die Versammlungsrechte massiv eingeschränkt. Ähnlich wie schon bei Blockupy in Frankfurt.
Wie sah es mit den Polizeiauflagen aus, im Vorfeld und während der Veranstaltungen? Kannst Du ein paar Beispiele für in Deiner Sicht übertriebene Massnahmen nennen?
Die Auflagen der Polizei waren maßlos übertrieben! Die Großdemo am Samstag ist ständig eingekesselt und unterbrochen worden, weil angeblich Demonstrant_innen vermummt waren und Seitentransparente verknotet hätten. Auch die massive Polizeipräsenz an den Seiten, vor und hinter der Demonstration war sehr erschreckend. Man hatte das Gefühl, die Demo wäre in Geiselhaft genommen. Auch dass Polizist_innen bei der Demo Schußwaffen trugen, war für mich kein Zeichen für Frieden. Es war nur eine Frage der Zeit bis die Polizei irgendwelche Gründen finden würde, um die Demo zusammen zu knüppeln und zu stoppen. Auch das Bild mit dem Kilometerzaun war eine Demonstration der Macht. Mehr nicht! Aus meiner Sicht, hätten Politik und Polizei die Demonstrant_innen vor dem Schloß Elmau protestieren lassen müssen. Stattdessen haben sie gezeigt, dass G7 keine legitime und demokratische Struktur ist. Vor dem Zaun, den sie weitläufig um Schloß Elmau herum errichtet haben, ausserhalb der Sichtweite der Regierenden, starb die Versammlungsfreiheit.
Wie war das Verhältnis zwischen Demonstrant_innen und Polizeikräften?
Das Verhältnis zwischen Polizei und Demonstrant_innen war sehr angespannt. Das lag daran, dass im Vorfeld der Veranstaltungen und Demonstrationen die Demonstrant_innen durch Politik und Medien kriminalisiert worden sind. Man hatte versucht, die Demonstrant_innen als Gewalttäter_innen darzustellen. Auch die viele Kontrollen, die es auf Autobahnen, Landstraßen und in der Stadt gab, haben die Situation angeheizt. Politik und Polizei müssen künftig den Bürger_innen vertrauen!
Wie fühlt es sich an zu demonstrieren mit einer solch massiven Präsenz von Sicherheitskräften?
Bei so einer massiven Polizeipräsenz konnte man sich nur schlecht fühlen, denn als Bürger_in und Steuerzahler_in erwartet man von Staat und Polizei ein gewisses Vertrauen. Aber das war nicht der Fall in Garmisch und Elmau. Ich selbst hatte das Gefühl, unerwünscht zu sein und es ging Tausenden von G7-Gegner_innen und Demonstrant_innen genauso.
Du hast auch von extrem vielen Zivilpolizist_innen erzählt. Wo waren die überall und was haben sie gemacht. Und blöde Frage: woran erkennt man die?
Ja, Zivilpolizist_innen waren in München, Garmisch und Elmau während der Veranstaltungen unterwegs. Sie haben sogar das Protestcamp in Garmisch ausgespäht. Man konnte sie leicht erkennen. Sie hatten Mikrofone im Ohren oder trugen Waffen bei sich. Bei manchen hätte man glauben können sie seien Anarchist_innen (Lachen). So waren sie unter den G7-Gegner_innen unterwegs.
Im Nachhinein betrachtet, denkst Du, Ihr seid mit Eurer Botschaft durchgedrungen zu den Bürger_innen und/oder Politiker_innen?
Ja, davon bin ich fest überzeugt. Unsere Botschaft ist bei den Bürger_innen und in der Politik angekommen. Denn trotz der massiven Polizeipräsenz und Gewalt haben wir es geschafft, mehrere Tage durchzuhalten und den Protest bis nach oben zum Zaun zu tragen. Der Protest gegen den G7-Gipfel muss und soll möglich sein. An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Aktivist_innen, die in München, Garmisch und Elmau waren, bedanken, denn der Protest hat sich gelohnt!
Diesem Dank schliesse ich mich an und bedanke mich bei Julia Odenwald für das Gespräch.