In Europa hat man heute allen Grund, entsetzt zu sein. Europas demokratisches und soziales Versprechen ist zu einer Farce verkommen. Angesichts des Massensterbens im Mittelmeer und des brutalen Kürzungszwangs im europäischen Süden ist die Schmerzgrenze längst überschritten: Statt der einst gepriesenen europäischen Werte von Vernunft, Gerechtigkeit, Freiheit und Demokratie herrscht der technokratische Wahnsinn. Am 20. Juni, dem internationalen Weltflüchtlingstag und dem Beginn der weltweiten Griechenland-Solidaritätswoche, ist es daher Zeit öffentlich auf den Straßen Berlins auszurufen: Dieses Europa agiert nicht in unserem Namen.

Ja, es gibt sie. Die Menschen, die entsetzt sind, dass an Europas Außengrenzen seit Jahren und immerfort Tausende geflüchtete Menschen sterben. Dass statt der Bereitstellung von rettenden Fähren die militärische Frontex-Abschirmung verstärkt wird. Dass Europa auf Kriege und Armut um uns herum mit Abschiebung in eben diese Kriege und diese Armut antwortet. Und dass die angekommenen Geflüchteten in Lagern isoliert und behandelt werden wie Kriminelle.

Und ja, es gibt sie auch, die Menschen, die es nicht mehr ertragen, wie die Euro-und Finanzkrise auf die Bevölkerungen im europäischen Süden abgewälzt wird, wie die Zukunft von Generationen auf dem Altar eines aus den Fugen geratenen Finanzsystems geopfert wird. Die, die es nicht einsehen, dass die Demokratie auch hierzulande zum Witz verkommt, weil das Dogma des Neoliberalismus als alternativlos gilt. Die, die sich darüber empören, dass nun mit TTIP Umweltschutz und soziale Rechte als “Investitionshemmnisse” gehandelt werden.

Nein, es ist bizarr, dass die mediale Öffentlichkeit in Deutschland mit einer herablassenden Sündenbockrhetorik wieder Rassismus schürt, ernsthaft von „Wirtschaftsflüchtlingen“, „faulen Griechen“ und „Schmarotzern“ spricht, anstatt die offensichtliche Unmenschlichkeit europäischer Innen- wie Außenpolitik anzuklagen.

Und, nein – wir sind nicht nur empört, wir wollen auch praktisch zeigen, dass die Bundesregierung nicht für uns spricht. Denn sie nutzt die ökonomische und moralische Krise um einen Keil zwischen die Bevölkerungen zu treiben, versucht uns zu entsolidarisieren und schürt Angst und Misstrauen; der ideale Nährboden für Nationalismus und den bereits gefährlich aufkommenden Rechtspopulismus, der dann, viel zu spät, wieder ganz erstaunt problematisiert wird.

Zu lange sah es aus, als wären wir einverstanden. Am 20. Juni, dem internationalen Flüchtlingstag und dem Beginn der Griechenland-Solidaritätswoche des Weltsozialforums – einem Tag weltweiter Aktionen – übernehmen wir Verantwortung für die hier gemachte Politik. Zeitgleich zu ganz ähnlichen Demonstrationen in Rom, London, Brüssel und in vielen anderen Städten Europas wollen wir öffentlich auch ein Zeichen aus Berlin und Deutschland senden und deutlich machen: Es gibt das Europa der Solidarität!

Mit dieser Demonstration wollen wir einem anderen Bild von Europa Raum geben.

Aufruf zu Kundgebung am Oranienplatz und Demo zum Brandenburger Tor
Treffpunkt:
Samstag, 20. Juni um 13 Uhr Oranienplatz Berlin-Kreuzberg