Bericht vom Friedenskongress Confronting a World at War in London von Wolfgang Lieberknecht
So sieht die britische Friedensbewegung die Weltlage
Die Kriege des Westens haben den Terrorismus befördert, nicht verringert. Tatsächliches Ziel der Kriege ist die Kontrolle der Rohstoffe des Nahen Ostens durch Zerstückelung der Staaten. Die Spannungen zwischen Russland und der Nato erhöhen die Gefahr eines Atomkrieges „aus Versehen“. Hauptgrund der Spannungen: Der Westen hat sein Versprechen gebrochen, die Nato nicht an die Grenze Russlands auszudehnen und kreist Russland ein. Die Welt verschwendet in den Kriegen die Ressourcen, die sie zum Aufbau einer Welt für alle braucht. Eine internationale Friedensbewegung ist deshalb nötiger denn je.
Die Versammlung der britischen Antikriegsbewegung am vergangenen Samstag in London fällte ein vernichtendes Urteil über die westliche Außenpolitik der vergangenen Jahrzehnte: Sie hat den Terror gefördert, nicht eingedämmt und dafür Hunderttausend getötet und Ländern und Menschen ins Desaster gestürzt.
Erstmals wurde britischer Kriegseinsatz durch das Parlament abgelehnt
An der Versammlung nahmen 400 Friedensaktive aus verschiedenen Teilen Großbritanniens, aber auch aus den USA, Polen, Palästina und anderen Ländern teil. Der Organisator des Treffens war das britische Bündnis Stop The War Coalition. Es hatte sich nach dem Beginn des Angriffskrieges der USA, Großbritanniens und anderer Verbündeter auf den Irak gebildet. Trotz des Protests von Millionen von Menschen hatte die britische Regierung beschlossen, diesen Krieg mitzutragen. Die Nichtregierungsorganisation wirbt seither in Großbritannien für Frieden und den Rückzug der britischen Armee aus anderen Ländern und vor allem aus den Kriegsgebieten. Sie führt auf ihre politische Arbeit den Nicht-Angriff Großbritanniens auf Syrien zurück: Erstmals hatten die britischen Parlamentsabgeordneten 2013 einen von der Regierung beschlossenen Kriegseinsatz abgelehnt und verhindert.
Lindsey German, leitendes Mitglied von Stop The War, stellte die Frage: „Was hat der Krieg gegen den Terror nach 14 Jahren gebracht außer Tod und Zerstörung?“ Durch die Kriege habe sich der Terror erst richtig ausgebreitet und sei eine viel größere Bedrohung geworden als damals.
Zerstörung der Staaten im Nahen Osten, um Rohstoffe zu kontrollieren
Tariq Ali, britischer Autor, Filmemacher und Historiker, kommt zu dem Schluss, dass der Westen ganz andere Ziele im Nahen Osten verfolgt, als die, die der Öffentlichkeit erzählt werden: Zerstörung der Staaten in dieser rohstoffreichen Region, um die Rohstoffe besser kontrollieren zu können. Die ISIS, die der Westen jetzt vorgebe zu bekämpfen, sei ein direktes Produkt der bisherigen Militärinterventionen des Westens und sei mitfinanziert von Alliierten des Westens, wie der Türkei und Saudi-Arabien. Dem Frieden habe der Westen zudem nicht gedient, als dieser das Versprechen an Russland brach, die Nato nicht über Deutschland hinaus zur russischen Grenze hin auszudehnen. Mit den Manövern in Osteuropa sei angesichts der gewachsenen Spannungen zwischen Nato und Russland eine sehr gefährliche Situation entstanden: Der Ausbruch eines Weltkrieges aus Versehen könne nicht ausgeschlossen werden.
Andrew Murray, einer der Sprecher der Organisatoren, pochte auf die Notwendigkeit, sich jetzt zu einer internationalen Friedensbewegung zusammenzuschließen, um der Kriegsgefahr zu begegnen und die Kriege durch eine gemeinsame Anstrengung zu beenden.
Steigende Militärausgaben, Kürzungen von Sozialleistungen
Das Geld, das in Kriegen und für Rüstung verschwendet werde, müsse für das Wohl der Menschen dieser Erde eingesetzt werden, forderte der Abgeordnete des britischen Parlaments, Jeremy Corby. In Großbritannien plane die Regierung noch stärkere Kürzungen der Sozialleistungen für die Ärmsten und Schwächsten der Gesellschaft, gebe aber gleichzeitig Milliarden für Waffen und Kriege aus. Die britische Friedensbewegung wird sich am 20. Juni an dem von den britischen Bürgerversammlungen organisierten Marsch zum Parlament gegen den Abbau der sozialen Menschenrechte beteiligen.
Aus den USA war die Friedensaktivistin Medea Benjamin angereist: Sie machte der Versammlung wenig Hoffnung, dass es ohne eine starke Einmischung der Menschen bald mehr Frieden geben werde. Ganz im Gegenteil: Sie fürchtet, dass der nächste Präsident, egal ob es Hillary Clinton sein werde oder ein Republikaner, noch mehr auf die militärische Übermacht setzen und Gewalt einsetzen werde. Sie forderte dazu auf, die militärische Macht der USA zu begrenzen, die 800 US-Militärstützpunkte außerhalb der USA zu schließen und gegen die Tötung von Menschen durch Drohnen in vielen Ländern vorzugehen.
Wolfgang Lieberknecht hat den Think-Tank-Wanfried gegründet und bemüht sich um eine stärkere Zusammenarbeit der deutschen, britischen und US-amerikanischen Friedensbewegung.