Ungefähr 1,5 Milliarden Menschen auf dieser Erde haben keinen Zugang zum Wasser. Wasser ist Leben. Daher bedeutet das Fehlen von Wasser den Tod von Millionen von Menschen, wenn wir nicht eingreifen. Im Interview mit dem Team von Afrikabrunnen stellt sich ein Verein vor, der sich das Ziel gesetzt hat, Brunnen in Afrika zu bauen, um den Menschen den Zugang zu sauberem Wasser zu verschaffen.
Wie kam es zur Gründung Ihres Vereins Afrikabrunnen und welche Zielsetzungen verfolgt er?
Alle Menschen sollten sich die Frage stellen, warum im 21. Jahrhundert noch über 1,5 Milliarden Menschen ohne Zugang zu sauberem Wasser leben. Jeden Tag sterben Menschen an Wassermangel oder an den Folgen von verunreinigtem Wasser. Zum Preis von 3 Kampfflugzeugen könnte man dieses Problem für immer beheben.
Für uns begann eine Grundsatzfrage: Wie kann ich so weiter leben?
Wir haben dann einen Verein gegründet, der sich einzig und allein mit der Wasserversorgung beschäftigt, mit dem Ziel sauberes Trinkwasser für jeden Menschen auf dieser Erde zugänglich zu machen.
Solidarität durch Brunnen ist ein wundervoller Vorsatz, da Wasser in sehr vielen Ländern der Welt keine Selbstverständlichkeit ist. Wie können wir Menschen dazu motivieren, Ihnen zu helfen?
Jeder kann mal ein Experiment machen. Stell dir vor, ab sofort wird die Wasserversorgung abgeschaltet und alle Läden, die Wasser verkaufen, ziehen 40 Km weiter. Ab sofort hast du kein Wasser zum Trinken, kein Wasser für die Toilette, kein Wasser zum Waschen und kein Wasser für deine Kinder. Es gibt noch eine Abwasserpfütze mit dreckigem Wasser im Keller, die ist ab morgen dann auch ausgetrocknet, und das Wasser könnte dich und deine Familie krank machen. Die folgenden Tage musst du mit einem Eimer vom Ende der Straße Wasser aus einer Grube holen. Das Wasser ist dreckig und stinkt. Und du musst es trinken, wenn du überleben willst. Seit das Wasser abgestellt wurde, musst du mit weniger als 1,5 Litern pro Woche auskommen.
Und ab nächste Woche gibt es aufgrund der Vielzahl von Menschen, die nach Wasser schöpfen, nur noch einen Fluss, wo du Wasser bekommst, das bedeutet, du trägst den Eimer mit Wasser fortan jeden Tag 40 Km hin und 40 Km zurück. Wenn du leben willst…
Da einer alleine das nicht schaffen kann, arbeitet die ganze Familie, Mann, Frau und Kinder nur mehr rund um die Uhr, um das Wasser zu holen. Keiner kann seiner Arbeit nachgehen oder zur Schule gehen.
Unvorstellbar für dich? Sind deine Kinder etwa mehr wert als die der Anderen? Lässt du denn zu, dass Andere leben müssen, wie du niemals leben könntest?
Wasser ist im Koran die Grundlage allen Lebens. Wie kann man auf diesem Konzept eine authentische islamische Entwicklungshilfe aufbauen?
Als Muslime glauben wir an eine Abrechnung am jüngsten Tag und sehen unser Leben wie eine Prüfung. Jeden Tag ändert sich unser Kontostand, der eines Tages über unsere Wohnstätte entscheiden wird. Bei einigen ist er voll, bei anderen tief im Minus.
Ich selbst sehe Wasser als ein Mittel, Leben zu schenken, und dies nicht nur für andere, sondern auch für mich selbst. Denn ein Brunnen ist eine fortlaufende Spende. Jeden Tag, wenn er benutzt wird, kommen durch ihn gute Taten auf mein Konto. Viele begrenzen einen Brunnen auf Trinkwasser. Aber dieses macht insgesamt nur 2% des Wasserverbrauchs aus. So verstehe ich auch die Aussagen im Quran. Wasser ermöglicht die Agrarwirtschaft, Wasser wird genutzt, um Häuser zu bauen, mit Wasser verdienen viele ihren Lebensunterhalt, Wasser wird zum Waschen und Kochen benutzt, Wasser ermöglicht Bildung, es rettet Familien, Gesundheit und Leben, mit Wasser werden die Gebetswaschung und die Ganzkörperwaschung durchgeführt. Und wer weiß wie viele gute Taten und Bittgebete durch diesen Brunnen auf unsere Konten kommen. Nur Gott allein weiß, wie viel Gutes in einem Brunnen steckt.
Welche sind für Sie die Grundlagen einer islamischen Entwicklungshilfe?
Aus meiner persönlichen Sicht die Vorbildfunktion. Unser Prophet (Friede und Segen auf ihm) hat die Menschen begeistert und für sich gewonnen, weil er wahrhaftig war, weil er ein Vorbild war, weil er für die Menschen da war. Heute wird die Religion an den Menschen gemessen, nicht mehr an der Quelle selbst, daher müssen wir in allem, was wir tun den Islam richtig leben. So erkennen die Menschen den wahren und echten Islam, dessen einzige Aufgabe es ist, den Menschen zu helfen und Gutes zu bringen. Das versuchen wir zu leben.
Welche Ziele setzen Sie sich für die Zukunft?
Jeder, der etwas Großes in seinem Leben erreicht hat, hatte große Ziele. Wir dürfen uns in unserer Vorstellungskraft und in unserer Willenskraft nicht selbst bremsen. Denn wer will, kann mit Gottes Hilfe alles erreichen. Ich blicke gern in eine Zukunft, in der jeder Mensch Zugang zu sauberem Wasser hat. Auch wenn ich dieses Ziel vielleicht nicht mehr erreichen werde, so hoffe ich, dass die Vision in meinen Nachfolgern weiter leben kann. Und ich hoffe, dass ich Menschen zum Umdenken bewegen kann, bis eines Tages unser Ziel erreicht ist
Was möchten Sie den Kindern sagen, die noch ohne sauberes Trinkwasser leben müssen?
Jene Kinder, von denen ihr sprecht, sind wunderbare Kinder. Sie lachen, egal was kommt und sind immer herzlich und glücklich. Ich muss diesen Kindern nichts sagen; vielmehr möchte ich zu unseren Kindern sprechen. So wie ich zu meinem Sohn spreche, wenn ich ihm von Afrika berichte.
Wenn ich dann sehe, wie ein 4 Jahre alter Junge zum Wasserhahn läuft und Wasser in eine Flasche füllt, um sie den Kindern in Afrika zu schicken, dann erkenne ich, dass die Kinder die Sache besser begreifen als die Erwachsenen. Ich möchte sie ermuntern, besser zu sein als ihre Eltern und ich bete, dass die nächste Generation eine bessere wird als diese.