Nach intensiven Verhandlungen ist die Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrags (NPT) Ende letzter Woche in New York ohne Einigung zu Ende gegangen. Dessen ungeachtet haben sich am Ende der Konferenz 107 Regierungen dazu verpflichtet, für ein Verbot und die vollständige Vernichtung von Atomwaffen einzutreten und sich dem „Humanitarian Pledge“ angeschlossen. Die Bundesregierung hat sich verweigert, diese Initiative ebenfalls zu unterstützen.
Die USA und Großbritannien haben überraschend offen erklärt, dass sie die Konferenz als gescheitert betrachten. Grund dafür sei, dass man sich nicht über die bereits lang geplante Konferenz zur Schaffung einer Zone frei von Massenvernichtungswaffen im Nahen und Mittleren Osten einigen konnte. Israel hat maßgeblich dazu beigetragen, eine Übereinkunft im Verhandlungsprozess zu verhindern. Zwar ist das Land nicht Vertragspartei im NPT, war in diesem Jahr aber zum ersten Mal als Beobachterstaat dabei.
Das einzige Ergebnis der Konferenz war die große Unterstützung für den „Humanitarian Pledge” (ehemals „Austrian Pledge”). Die österreichische Regierung hatte sich am 9. Dezember 2014 bei der letzten Konferenz zu den humanitären Folgen von Atomwaffen dazu verpflichtet, sich für ein Atomwaffenverbot einzusetzen und alle Staaten zur Zusammenarbeit aufgerufen. Dahinter steht die Überzeugung, dass eine Atomwaffenexplosion – ob absichtlich oder infolge eines Unfalls – katastrophale humanitäre Auswirkungen hätte und das Risiko einer solchen Explosion zunimmt.
Die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen sieht im “Humanitarian Pledge” einen Paradigmenwechsel für die nukleare Abrüstungsdebatte. Xanthe Hall von ICAN Deutschland und Abrüstungsreferentin der IPPNW erklärt: „Mit dem Pledge beginnt eine neue Etappe in Richtung Atomwaffenverbot. Die Regierungen werden sich nun auf den Beginn von Verhandlungen vorbereiten. Die breite und zunehmende internationale Unterstützung des Pledges zeigt, dass die Mehrheit der Staaten ein völkerrechtliches Verbot von Atomwaffen vorantreiben will, wenn nötig auch ohne die Atomwaffenstaaten“.
Martin Hinrichs von ICAN Deutschland kommentiert: „Es ist Zeit, zum 70. Gedenkjahr der Atombombenabwürfe über Hiroshima und Nagasaki einen Prozess in Gang zu setzen, um Atomwaffen völkerrechtlich zu verbieten. Deutschland sollte diese historische Chance nicht verpassen”.
Im Gegensatz zum „Humanitarian Pledge“ ist das Abschlussdokument der Überprüfungskonferenz in New York weitgehend ohne Inhalt und wurde lediglich pro forma verabschiedet. Der kurz vor Ende der Konferenz komplett überarbeitete Text enthält keine Fristen oder konkrete Handlungsmaßnahmen zur Abrüstung. Auch die humanitären Folgen eines Atomwaffeneinsatzes, die in den letzten zwei Jahren in drei Regierungskonferenzen erörtet wurden, werden lediglich in einem Absatz erwähnt. Die meisten Staaten und viele ExpertInnen sehen in dem Ergebnis einen Rückschritt im Vergleich zu den Vereinbarungen der letzten Überprüfungskonferenz in 2010.
Im Vorfeld der Überprüfungskonferenz hatte ICAN Deutschland die Bundesregierung dazu aufgefordert, den „Humanitarian Pledge” zu unterstützen. Die Bundesregierung hingegen wollte als NATO-Bündnispartnerin eine Vermittlerrolle einnehmen. Mit dem Scheitern der Konferenz muss sich Deutschland nun klar positionieren und auf seine Abrüstungstradition besinnen. Deutschland sollte sich dem „Humanitarian Pledge” anschließen und Verhandlungen über ein Atomwaffenverbot anstoßen.