„Eine Woche ist eine lange Zeit in der Politik“ besagt eine Redensart und nie wurde dies deutlicher als in den vergangenen sieben Tagen in Griechenland. Noch vor einer Woche lag das Land ohne Selbstbewusstsein am Boden und bettelte um Almosen bei der Troika des IWF, der Europäischen Zentralbank und der Europäischen Kommission. Diese Woche rappelt es sich bereits wieder auf und erhebt seinen Kopf in Würde.
Eine Reihe von Maßnahmen, die Angela Merkel ärgern dürften, wurden bereits eingeleitet: die Ankündigung eines Mindestlohns, ein sofortiger Stopp aller geplanten Privatisierungen nationaler Vermögensgüter sowie die Weigerung, weiter mit der Troika zu verhandeln, als ob sie eine juristische Person wäre.
Der Finanzminister Yanis Varoufakis trifft einen nach dem anderen Kollegen ausländischer Regierungen und kümmert sich um die Presse, die darauf brennt zu erfahren, wie Griechenland sich selber aus dem finanziellen Sumpf ziehen will.
Es ist noch unklar, auch für die Griechen selber, wie der Minister dieses Zauberkunststück vollziehen will, vielleicht hat der frühere Professor der Wirtschaftswissenschaften einmal Escapologie an der Hogwart-Schule für Zauberei und Magie gelehrt. Was jedoch feststeht ist, dass die Spielregeln sich geändert haben.
Hieß das Spiel früher „Lasst uns (die Troika) sehen, wie viel Geld wir aus Griechenland herauspressen können“, so lautet es nun „Lasst uns sehen, wie viel Geld wir (Griechenland) bereit sind, zu geben“.
In einem Interview mit der BBC bezeichnete Varoufakis die Situation Griechenlands als ein Insolvenzproblem, nicht als ein Liquiditätsproblem oder in seinen Worten: „Wenn Sie einen Freund hätten, der seine Hypothekenraten nicht mehr zahlen kann, würden Sie ihm raten, sich dafür eine Kreditkarte zu besorgen?“
Eine Neuformulierung der Frage oder eine Neubenennung des Spiels könnte der Zaubertrick des Minister sein. Wenn ein Kreditgeber Geld verleiht, obwohl er weiß, dass die Rückzahlung unmöglich ist, so muss er selber einen Teil des Risikos übernehmen. Wenn es richtig ist, dass die deutschen Austeritätsmaßnahmen im Fall Griechenlands nicht korrekt angewandt wurden, so muss Deutschland einen Teil der Schuld dafür selbst übernehmen und somit auch einen Teil der Verluste. Dies ist jedoch eine riskante Strategie, da es außer Griechenland noch ein halbes Dutzend anderer Länder gibt, die ebenfalls behaupten könnten, die gleiche falsche Logik sei auch auf ihre Situation angewandt worden.
Es bleibt abzuwarten, wohin diese Strategie führen wird. Was jedoch klar ist, ist dass der Minister höchst redegewandt ist und auch keine Probleme mit schwierigen BBC Interviews hat, wie man in seinem Blog lesen kann.
Aber der neue Wind hört nicht beim Finanzminister auf. Das Innenministerium wurde ebenfalls kräftig durchgeblasen und vergangenen Samstag wurde erstmals seit einer Generation eine öffentliche Kundgebung ohne Polizeipräsenz erlaubt.
Giannis Panousis, Minister für öffentlich Ordnung und Bürgerschutz sagte „die Polizei dürfe kein Feind der Demokratie sein“. Er hielt sein Wort und so wurde der Marsch gegen Faschismus vergangenen Samstag zum ersten Marsch seit 1980, bei dem sich die Polizei von den Demonstranten komplett fernhielt. Es gab keine Fälle von öffentlicher Störung, niemand warf Steine oder zerbrach Fenster. Die öffentlichen Verkehrsmittel konnten durchgehend einwandfrei fahren. Der Protest war die Antwort auf eine Demonstration von Faschisten, die eine Rede in Athens Zentrum zum Gedenken an einen Zwischenfall vor 18 Jahren geplant hatten, bei dem drei Offiziere der griechischen Armee in dem umkämpften Gebiet von Irmia / Kardak umgekommen waren.
Eine Woche ist eine lange Zeit in der Politik und alles kann passieren. All diejenigen, die an sozialer Gerechtigkeit und an einer Welt interessiert sind, in der Menschen höher geschätzt werden als Geld, erwarten das nächste Kapitel dieses faszinierenden griechischen Dramas mit Freude und Spannung.
Übersetzung aus dem Englischen von Evelyn Rottengatter