In Villa Regina, in der Provinz Patagonien Rio Negro startete vor 4 Jahren eine Aktion zur Verwandlung in eine “gewaltfreie Stadt”.
Heute zählt das Projekt auf zwei Bildungszentren (Die nationale Universität von Comahue und die Mittelschule Nr. 70, auf ein Team von 32 in der Dreifachmethode ausgebildeten Freiwilligen (die meisten davon sind junge Leute); auf die Unterstützung der Regierung des Gemeinderates wie auch auf die der Kommunikationsmedien der Stadt. Das Team hat begonnen die Methode in drei weiteren Städte zu lehren.
Wir haben Juan José Pescio, einen der Mitarbeiter des „Netzwerks zum Aufbau von gewaltfreien Städten“ nach den Schritten gefragt, die bis jetzt gemacht wurden, um diese Ergebnisse zu erzielen und woraus dieses Netzwerk eigentlich besteht?
Pressenza: Ist dieser Prozess der Veränderung in Villa Regina Teil eines größeren Prozesses?
Ja, diese Idee wird schon in mehreren Ländern in Amerika und Europa und in vielen Städten angewandt. Es hat vor 12 Jahren mit einer Gruppe von Aktivisten des Universalistischen Humanismus begonnen. Die Vorgehensweise in den verschiedenen Städten ist nicht ganz genau gleich (aber ähnlich), sie benutzen aber alle ein gemeinsames Handbuch mit dem Titel “Für eine solidarische und gewaltfreie Kultur”. Dieses kann man downloaden unter dem Link: www.consejosnoviolencia.org
Pressenza: Wann hat dieser Aufbauprozess in Villa Regina angefangen?
Das war 2011 in einem Fernkurs, den wir von der Technischen Universität in Buenos Aires aus gemacht haben. Daraufhin hat der Direktor der staatlichen Mittelschule Nr. 70 in Villa Regina sich angeboten den Vorschlag “Gewaltfreie Stadt” dort zu verwirklichen. Er begann mit den 700 Schülern und 137 Mitarbeitern dort vor Ort. Dort haben die Menschen nun bereits viele Fortschritte dabei gemacht ihre tiefen Bestrebungen zu entdecken und in einer solidarischen Umgebung zu leben.
Pressenza: Wie sahen die ersten Aktionen aus?
Professor Néstor Zaninelli begann damit die Institution demokratischer zu machen und sie für eine aktive Beteiligung aller und für den Dialog zu öffnen. Er hat die Schüler und Dozenten ausgebildet, die sich interessierten. Sie gründeten einen permanenten Rat für aktive Gewaltfreiheit auf der Grundlage der Dreifachmethode. Dabei liegt der Nachdruck darauf die innere Gewalt und die Gewalt in den Beziehungen mit anderen zu überwinden.
Gleichzeitig hat er eine Übereinkunft mit der Nationalen Universität Comahue getroffen. Diese Universität führt jetzt dauerhaft alle 15 Tage in 8 aufeinander folgenden Monaten Kurse statt, die ca. 6 Stunden dauern und sehr intensiv sind.
Pressenza: Woraus besteht die Ausbildung?
Sie ist sehr praktisch orientiert, mit einem theoretischen Rahmen, den es braucht um der Gewalt, ihren Ursachen und der Form sie zu überwinden eine neue Bedeutung bei zu messen. Dabei arbeitet man daran sich besser kennen zu lernen und die Gewalt in sich selbst zu überwinden. In diesen Treffen zur inneren Arbeit werden dafür Übungen gemacht. Ein anderer Aspekt ist der Aufbau von Gruppen, die anfangen sich zu organisieren, um diese Ideen und Erfahrungen anderen weiterzugeben und diese Veränderung in ihre Familien und in ihre Gemeinde zu tragen.
Das beschränkt sich nicht nur auf das Überwinden der täglichen Gewalt, sondern auch darauf zu verstehen, dass die Ungleichheit an Möglichkeiten eine Form von wirtschaftlicher Gewalt darstellt, sowie die Autorität in den Institutionen Gewalt ist, ebenso wie persönliche Ressentiments und der fehlende Sinn, der in dieser globalisierenden Kultur zu einem besitzergreifenden Individualismus führt. Wir sehen die Ursachen für Gewalt auf diesen drei Ebenen, sie verstärken sich gegenseitig in einer negativen Spirale. Diese Phänomene nähren sich gegenseitig auf den drei Ebenen: individuell, institutionell und gesellschaftlich. Das kann aber auch zu einer “heilenden” Spirale werden, wenn jeder einzelne beginnt die Ursachen für Gewalt in sich zu überwinden.
Pressenza: Erhält man nach Beendigung des Kurses von der Universität ein Zertifikat?
Es gibt eine Bedingung für den Erhalt des Zertifikats von der Universität. Nach Beendigung des Kurses “Ausbildung zum permanenten Vertreter für die Aktive Gewaltfreiheit in Institutionen und Netzwerken”, müssen die Teilnehmer das Gelernte in anderen Institutionen weiter geben, also den Kurs weiter gegeben haben und auch angefangen haben diese permanenten Vertretungen aufzubauen. Vor allem geht es darum, dass sie die Techniken zur Überwindung der inneren Gewalt und im gewaltfreien Umgang mit den anderen in der Familie, Arbeits- und Studienumgebung weitergeben (Übungen zur Entspannung aus dem Buch „Selbstbefreiung“ von Luis Ammann, „Geleitete Erfahrungen“ von Silo, etc.)
Pressenza: Machen die Teilnehmer nach Beendigung des Kurses oft weiter?
Ja die Teilnehmer des letzten Jahres haben die Aktivitäten in Villa Regina und in anderen Städten der Provinz Río Negro (Roca y Allen)weitergeführt. Heute fangen sie in Cipolletti an.
Pressenza: Gibt es Indikatoren für eine Verbesserung in diesen Schulen?
Ja man könnte folgendes zusammenfassen:
a) Schülerteams der 4. und 5. Klasse bilden Schüler der 1. und 2. Klasse aus, in den Freistunden, die ihnen zur Verfügung stehen und sie haben die Inhalte an das Alter der Schüler angepasst und tun es in spielerischer Form.
b) Die fortgeschritteneren Schüler werden von anderen Schulen eingeladen auch dort auszubilden (dieser “Beispieleffekt” läuft über Mund zu Mund Propaganda, da es eine kleine Stadt ist).
c) In der Schule gibt es mehr Dialog, die Kommunikation zwischen den Klassen ist besser geworden, Anzeichen von Gewalt in und außerhalb der Schule sind weniger geworden. Dies sagen auch die Behörden, die jetzt dieses Beispiel wiederholen wollen.
d) Viele Eltern sind dankbar für die Veränderungen, die sie in ihren Kindern sehen. Im letzten Jahr haben Eltern angefangen eine Ausbildung für gewaltfreie Familien zu machen. (Das alles ist zusammengefasst in dem Material “Für eine solidarische und gewaltfreie Kultur”)
e) Mehr als 20 junge Leute haben am 4. Internationalen Treffen Gewaltfreier Städte in der Universität in Buenos Aires teilgenommen. Dort haben sie über ein Überwinden der eigenen inneren Gewalt gesprochen und die Vorteile, die sie durch die Teilnahme an diesem Prozess sehen.
Pressenza: Wie sehen die nächsten Schritte für das Netzwerk aus?
Wir wollen weiter an der inneren und äußeren Veränderung arbeiten, Retreats und Seminare machen, den Vorschlag an neue Orte bringen, das Handbuch in weitere Sprachen übersetzen und neue Leute ausbilden. Die Teams kommen jetzt viel zusammen um auszutauschen, wie jetzt vor kurzem im Park La Reja um eine Jahresauswertung zu machen und das neue Jahr zu planen.
Wir wollen aber schneller neue Länder und Städte erreichen. Wir werden weitermachen mit der Fernausbildung übers Internet. Diese Kurse dauern 15 Tage.
Unter folgendem Link kann man sich die Inhalte des Kurses anschauen:
http://www.imwonline.org/curso/ciudades-violentas-una-transformacion-cultural-profunda-individual-institucional-y-social-por-medio-de-la-no-violencia-activa/
Video:
Übersetzung aus dem Spanischen von Marita Simon