Ein Jahr nach den Gezi-Park-Protesten geht die türkische Regierung immer noch mit gleicher Härte gegen Demonstrantinnen und Demonstranten vor, während die Polizisten und Polizistinnen für ihren Gewaltmissbrauch nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Das stellt Amnesty International in einem Bericht fest, der heute veröffentlicht wird.
- Auch ein Jahr nach den Protesten im Gezi-Park werden in der Türkei friedliche Demonstrationen verhindert. Die Polizei geht mit unverminderter Härte gegen Protestierende vor.
- Insgesamt wurden wegen der Gezi-Park-Proteste 5ʼ500 Personen angeklagt.
- Im Gegensatz dazu wurde gegen nur fünf Polizisten Anklage erhoben, obwohl Beschwerden gegen hunderte Polizistinnen und Polizisten wegen Gewaltmissbrauch vorliegen. (8000 Personen wurden während der Gezi-Park-Proteste verletzt, vier starben an den Folgen der brutalen Vorgehensweise der Polizei.)
- Mitglieder der Ärztekammer, Ärztinnen und andere Bedienstete des öffentlichen Dienstes wurden schikaniert, weil sie die Protestierenden angeblich unterstützt haben sollen.
- Nutzerinnen und Nutzer der Sozialen Medien stehen vor Gericht, weil sie Informationen über die Proteste veröffentlichten.
«Die türkischen Behörden kennen kein Pardon, wenn es darum geht, Proteste zu verhindern: sei es mit Polizeigewalt während Demonstrationen oder durch Gerichtsverfahren gegen Protestierende. Gleichzeitig werden die Polizisten für ihren unverhältnismässigen Gewalteinsatz nicht bestraft. Die Botschaft ist klar: Friedliche Demonstrationen sind nicht gestattet», sagt Salil Shetty, Generalsekretär von Amnesty International.
«Alleine in den vergangenen zehn Tagen wurden mehrere Demonstrationen zum Jahrestag der Gezi-Park-Proteste in verschiedenen Städten verboten oder gewaltsam mit Tränengas und Schlagstöcken aufgelöst. Die türkische Regierung muss ihren Kurs ändern, friedliche Demonstrationen zulassen und die Polizei für den übermässigen Einsatz von Gewalt zur Rechenschaft ziehen.»
Der aktuelle Bericht von Amnesty, «Adding injustice to injury: Gezi Park protests one year on», untersucht die Folgen des anfänglich kleinen Widerstands gegen die Zerstörung eines Parks im Zentrum von Istanbul, der sich schliesslich zu einem landesweiten Protest gegen die Regierung ausweitete. Amnesty International fordert die türkischen Behörden auf, Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitskräfte künftig zu bestrafen und das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu gewährleisten.