Die Europäische Kommission hat durch abgestimmte Maßnahmen dafür gesorgt, dass die Integration der Roma ein fester Bestandteil der politischen Agenda in Europa wurde. Ein neuer Bericht über die Fortschritte, die die Mitgliedstaaten innerhalb des EU-Rahmens für nationale Strategien zur Integration der Roma erzielt haben, wurde heute veröffentlicht. Laut diesem Bericht sind allmählich erste Anzeichen für eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Roma zu erkennen.
Mit dem von den EU-Staats- und Regierungschefs 2011 unterzeichneten EU-Rahmen (IP/11/789) wurde erstmals ein festes Verfahren für die Koordinierung der Maßnahmen zur Integration der Roma eingerichtet. Zwei Jahre später nahmen die zuständigen Minister der Mitgliedstaaten einstimmig das erste rechtliche Instrument zur Integration der Roma auf EU-Ebene an und verpflichteten sich dazu, eine Reihe von Empfehlungen der Kommission umzusetzen. Diese verfolgten das Ziel, die soziale Ungleichheit zwischen den Roma und der übrigen Bevölkerung auf vier Gebieten, nämlich Bildung, Beschäftigung, Gesundheit und Wohnungswesen, zu reduzieren (siehe IP/13/1226)
In dem heute veröffentlichten Bericht der Kommission werden die im EU-Rahmen seit 2011 erzielten Fortschritte bewertet, positive Beispiele genannt und Gebiete aufgezeigt, auf denen die Mitgliedstaaten weitere Anstrengungen unternehmen müssen. Auch wenn nach wie vor Handlungsbedarf besteht, so sind doch Verbesserungen feststellbar: Mehr Roma-Kinder besuchen eine Vorschule, und es gibt immer mehr Betreuungsprogramme für arbeitssuchende Roma sowie Mediatorenprogramme, mit denen die Kluft zwischen Roma und Nicht-Roma im Wohnungswesen und beim Zugang zu Gesundheitsfürsorge geschlossen werden soll. Aufgrund der neuen Verordnungen über die Verwendung von EU-Mitteln müssen die Mitgliedstaaten im Zeitraum 2014-2020 mindestens 20 % der Gelder aus dem Europäischen Sozialfonds für die soziale Inklusion ausgeben.
„Vor vier Jahren stand die Integration der Roma in den meisten Mitgliedstaaten nicht auf der Tagesordnung. Dank den abgestimmten Maßnahmen bahnen sich jetzt jedoch Veränderungen an“, bemerkte die für Justiz zuständige Vizepräsidentin der Kommission Viviane Reding. „Der EU-Rahmen für nationale Strategien zur Integration der Roma war ein Meilenstein auf dem Weg zu einer besseren Integration der Roma, da sich die Mitgliedstaaten dieses Ziel auf höchster Regierungsebene zu eigen gemacht haben. Natürlich können wir eine jahrhundertelange Ausgrenzung und Diskriminierung nicht über Nacht rückgängig machen, aber nun, da das Thema fester Bestandteil von Europas politischer Agenda ist, sind Verbesserungen erkennbar. Nach drei Jahren nimmt beispielsweise die Zahl der Roma-Kinder, die die Vorschule besuchen, zu. Als nächsten Schritt könnte ich mir zielgerichtetere Regelungen und eine spezielle Finanzierungsfazilität für die Roma vorstellen, damit wir sicher sein können, dass das Geld dorthin geht, wo es gebraucht wird.“
„Wenn wir an den Lebensbedingungen der ausgegrenzten Roma-Gemeinschaften in Europa etwas ändern wollen, dann müssen wir dafür sorgen, dass die nationalen Strategien zur Integration der Roma mit angemessenen Mitteln wirksam unterstützt werden. Auch bei der Gestaltung ihrer Erziehungs-, Beschäftigungs-, Gesundheits- und Wohnungspolitik sollten die Mitgliedstaaten die Integration der Roma im Blick haben“, bemerkte László Andor, EU-Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Integration. „Es ist nun an den Mitgliedstaaten, sicherzustellen, dass die Integration der Roma bei der Verwendung der EU-Mittel in den nächsten sieben Jahren vorrangig berücksichtigt wird.“
Obwohl die Roma weiterhin mit Armut, sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung konfrontiert sind, verzeichnet der heute vorgestellte Bericht durchaus Fortschritte in den 28 Mitgliedstaaten. Einige wichtige Ergebnisse:
Bildung: Alle Roma-Kinder sollen zumindest die Grundschule abschließen; bei diesem Ziel wurden gute Fortschritte erzielt. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass der Anteil der Roma-Kinder, die die Vorschule besuchen, in Finnland von 2 % auf 60 % stieg, dass ein neues Gesetz in Ungarn eine zweijährige Vorschulzeit für alle Kinder zwingend vorschreibt, dass in Bulgarien eine ähnliche zweijährige Vorschulpflicht gilt und in Irland reisende Gemeinschaften von mobilen Lehrern begleitet werden. Gleichzeitig muss in mehreren EU-Ländern mehr gegen das Problem der Segregation in Schulen des allgemeinen Bildungswesens unternommen werden.
Beschäftigung: In den letzten vier Jahren wurden einige Versuche unternommen, die Beschäftigungsaussichten für Roma zu verbessern. Diese waren jedoch zu selten mit systematischen Maßnahmen auf der Nachfrageseite, d. h. Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung und zur Schaffung von Anreizen für die Arbeitgeber, verbunden. Als vielversprechende Praktiken sind etwa die Ausbildung von Betreuern für arbeitssuchende Roma in Österreich, der aus EU-Mitteln finanzierte Einsatz von Arbeitsmarkt-Mediatoren für Roma in Finnland und ein Berufsberatungsprogramm in Spanien zu nennen.
Wohnungswesen: Die Mitgliedstaaten haben bei der Förderung der Integration der Roma – die keine Einbahnstraße ist, sondern die Nicht-Roma-Gemeinschaften ebenso betrifft – Fortschritte gemacht. Europaweit müssen jedoch kleinere Projekte durchgeführt werden, damit Ergebnisse erzielt werden. Positiv hervorzuheben sind 38 Mediatoren für das Wohnungswesen in Belgien. Ein Beispiel aus Deutschland ist eine lokale Taskforce in Berlin, die auf die Akzeptanz von Roma als Nachbarn und ihre Eingliederung in die Gemeinschaft hinwirken soll.
Gesundheit: Mehrere Länder haben sich schwerpunktmäßig bemüht, den Zugang der besonders schutzbedürftigen Roma zu Gesundheitsfürsorge zu verbessern. So hat beispielsweise die Regierung Frankreichs sich dazu verpflichtet, die Gesundheitsfürsorge erschwinglicher zu gestalten, während Rumänien und Spanien in Gesundheitsmediatoren für die Roma-Bevölkerung investiert haben. Ein Mindestkrankenversicherungsschutz ist in manchen Mitgliedstaaten immer noch problematisch.
Diskriminierung: Dank den Maßnahmen der Kommission steht in allen Mitgliedstaaten ein solider rechtlicher Rahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung zur Verfügung. Zur Anwendung und Durchsetzung der Vorschriften vor Ort sind jedoch verstärkte Anstrengungen der Mitgliedstaaten erforderlich (siehe IP/14/27). Den nationalen Gleichbehandlungsstellen kommt hierbei eine Schlüsselrolle zu. In der Slowakei wurden befristete positive Maßnahmen für Roma eingeführt.
Finanzierung: Die Bereitstellung ausreichender Mittel für die Integration der Roma bleibt eine Herausforderung. Erstmals müssen 20 % der Mittel, die den Mitgliedstaaten aus dem Europäischen Sozialfonds zur Verfügung stehen, für die soziale Inklusion verwendet werden. Derzeit liegt dieser Anteil bei durchschnittlich 15 %. Für die Zeit nach 2020 wird die Kommission Möglichkeiten erkunden, die finanzielle Unterstützung für die Integration der Roma weiter zu verbessern und effizienter zu gestalten, etwa durch eine besondere Roma-Fazilität. Weitere landesspezifische Beispiele finden sich in den Länderübersichten.
EU-Roma-Gipfel
Dieser Bericht wird veröffentlicht, während auf dem dritten EU-Roma-Gipfel Politiker mit Verantwortung auf lokaler, nationaler oder europäischer Ebene mit Vertretern der Zivilgesellschaft zusammentreffen, um die Fortschritte bei der Integration der Roma zu erörtern. Dabei soll geprüft werden, inwiefern die nationalen Roma-Strategien, die aufgrund des EU-Rahmens jährlich von den Mitgliedstaaten vorgelegt werden, umgesetzt wurden und ob sie zur Verbesserung der Lebensqualität der Roma-Gemeinschaften beitragen. Rund 500 Vertreter der EU-Institutionen, der nationalen Parlamente und Regierungen, von internationalen Organisationen, der Zivilgesellschaft (darunter Roma-Organisationen) sowie von lokalen und regionalen Behörden werden sich dazu äußern, was bis jetzt erreicht wurde und wie die Integration der Roma in der Zukunft weiter verbessert werden kann. Weitere Informationen zu Tagesordnung, Themen und Teilnehmern des Roma-Gipfels: IP/14/317.
Hintergrund
Bei der Integration der Roma geht es nicht nur um soziale Inklusion, sondern auch um das wirtschaftliche Interesse der Mitgliedstaaten, vor allem jener mit einer großen Roma-Minderheit. Die Roma bilden in vielen Ländern einen beträchtlichen und zunehmenden Anteil der Kinder bzw. Jugendlichen im Schulalter und somit der künftigen Arbeitnehmer. Wirksame arbeitsmarktpolitische Aktivierungsmaßnahmen sowie individuell zugeschnittene und leicht zugängliche Unterstützungsleistungen für arbeitssuchende Roma tragen entscheidend dazu bei, dass Roma ihr Humankapital entfalten sowie aktiv und gleichberechtigt an Wirtschaft und Gesellschaft teilhaben können.
Die soziale Eingliederung und Integration der Roma ist eine gemeinsame Aufgabe der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union. Die Kommission beobachtet die Fortschritte der Mitgliedstaaten anhand des EU-Rahmens für nationale Strategien zur Integration der Roma (IP/11/400, MEMO/11/216). Sie bringt zudem regelmäßig ein Netzwerk von Koordinatoren, die für die Beobachtung der nationalen Roma-Integrationsstrategien aller 28 EU-Länder zuständig sind, an einen Tisch, um die Fortschritte und künftigen Herausforderungen zu besprechen (MEMO/14/107).
In ihrem Bericht von 2013 forderte die Europäische Kommission die Mitgliedstaaten der EU auf, ihre nationalen Strategien zur Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Integration der Roma in Europa umzusetzen (IP/13/607). Die Ergebnisse werden auch für das Verfahren zur wirtschafts- und sozialpolitischen Koordinierung im Rahmen des jährlichen Europäischen Semesters herangezogen. Im Anschluss daran kann die EU landesspezifische Empfehlungen in Bezug auf die Roma aussprechen. Dieser jährliche Zyklus sorgt mit dafür, dass die Integration der Roma ein ständiger fester Bestandteil der europäischen Agenda bleibt und dass die allgemeine Politik den entsprechenden Zielsetzungen nicht zuwiderläuft. Im Jahr 2013 erhielten fünf Mitgliedstaaten länderspezifische Empfehlungen zur Umsetzung nationaler Roma-Integrationsstrategien und zur generellen Berücksichtigung Roma-spezifischer Maßnahmen (Bulgarien, Tschechische Republik, Ungarn, Rumänien, Slowakei).
Die EU-Fonds stehen den Mitgliedstaaten zur Verfügung, um Projekte der sozialen Integration zu finanzieren, darunter Projekte zur Verbesserung der Integration der Roma in den Bereichen Bildung, Beschäftigung, Wohnraum und Gesundheit. Im Zeitraum 2007-2013 wurden für Projekte der sozialen Inklusion insgesamt rund 26,5 Mrd. EUR bereitgestellt. Im neuen Finanzzeitraum 2014-2020 werden über den Europäischen Sozialfonds mindestens 80 Mrd. EUR für Investitionen in Humankapital, Beschäftigung und soziale Inklusion bereitgestellt. Mindestens 20 % der Mittel des Europäischen Sozialfonds (etwa 16 Mrd. EUR) müssen nun zweckgebunden für soziale Inklusion verwendet werden. Ziel ist es, die finanzielle Basis für die Integration der Roma in den Mitgliedstaaten sicherzustellen. Die Mitgliedstaaten sind für die Verwaltung dieser Mittel verantwortlich. Als Hilfestellung gab die Kommission den Mitgliedstaaten Leitlinien an die Hand, wie die operationellen Programme zur Verwendung der EU-Mittel und die Projekte zur Integration der Roma konzipiert sein sollten, damit diese inklusiv funktionieren und den Bedürfnissen der Roma besser gerecht werden.
Weitere Informationen
Pressemappe: Roma-Bericht 2014:
http://ec.europa.eu/justice/newsroom/discrimination/news/140404_en.htm
Speech by President Barroso at the European Roma Summit
http://europa.eu/rapid/press-release_SPEECH-14-288_en.htm
Europäische Kommission – die EU und die Roma:
http://ec.europa.eu/justice/discrimination/roma/index_en.htm
Website der Vizepräsidentin der Kommission und EU-Justizkommissarin Viviane Reding:
Website von László Andor, Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Integration:
http://ec.europa.eu/commission_2010-2014/andor/index_de.htm
Vizepräsidentin Reding und Kommissar Andor auf Twitter:
@VivianeRedingEU @LaszloAndorEU
EU-Justiz auf Twitter: @EU_Justice
Verfolgen Sie den EU-Roma-Gipfel auf Twitter unter #RomaEU.