Bozen, 5. März 2014 – Die Gesellschaft für bedrohte Völker hat den mangelnden Schutz von bedrängten Muslimen in der Zentralafrikanischen Republik scharf kritisiert.
„Es ist zynische Schönfärberei, wenn französische Militärs behaupten, die Sicherheitslage in dem von Bürgerkrieg gezeichneten Land stabilisiere sich“, erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen. Man hat ganz einfach den Exodus von mehr als 100.000 Muslimen hingenommen. Eine Erfolgsgeschichte beim Schutz der Zivilbevölkerung sieht anders aus. Die im Land lebenden Muslime zahlen mit ihrer Vertreibung einen hohen Preis für die so genannte Stabilisierung des Staates. Trotz des erzwungenen Exodus der religiösen Minderheit strahlt der Kommandeur der französischen Eingreiftruppe „Sangaris“, General Francisco Soriano, Zuversicht aus und versichert in Interviews, die Sicherheitslage habe sich deutlich verbessert.
Sorianos Wahrnehmung widerspricht aber allen Erkenntnissen von Menschenrechts- und Hilfsorganisationen. So warnen das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen und Hilfsorganisationen, seit Dezember 2013 seien 76.000 Menschen in den Tschad geflohen, 62.000 in die Demokratische Republik Kongo, 35.000 nach Kamerun und 12.000 in die Republik Kongo. Auch mehrere tausend Bürger anderer west- und nordafrikanischer Staaten sind wegen der anhaltenden Gewalt aus der Zentralafrikanischen Republik geflohen. Ein Großteil der Flüchtlinge sind Muslime. Stellten Angehörige dieser religiösen Minderheit bis vor wenigen Monaten noch 15 Prozent der 4,6 Millionen Einwohner, so dürfte ihr Anteil inzwischen verschwindend klein geworden sein. Denn es gibt keine Sicherheit und Bewegungsfreiheit für Muslime in der Zentralafrikanischen Republik, die gezielt von Anti-Balaka-Milizionären und Teilen der christlichen Mehrheitsbevölkerung gejagt werden, um Menschenrechtsverletzungen von muslimischen Seleka-Milizen zu rächen.
So warten in der Stadt Bouar 8.000 Muslime auf den Schutz von Soldaten, um zur rettenden Staatsgrenze geleitet zu werden. Mehr als 15.000 Muslime sind an 18 Orten überall im Land von Anti-Balaka-Milizionären eingekreist und können diese Rückzugsgebiete ohne ausländischen Schutz nicht verlassen. In der Hauptstadt Bangui, die früher eine pulsierende muslimische Gemeinschaft hatte, harren noch 3.200 Muslime im Viertel PK 12 aus. Versuchen Muslime, ihre Rückzugsorte zu verlassen, werden sie zu Tode gejagt, wie Saleh Dido, der muslimische stellvertretende Bürgermeister von Mbaiki. Als am 22. Februar drei Muslime versuchten, mit einem Taxi PK 12 zu verlassen, wurden sie von Milizionären erschossen, der christliche Taxifahrer wurde geschont. Als am 19. Februar ein Konvoi mit muslimischen Flüchtlingen PK 12 verließ, um außer Landes zu fliehen, eröffneten Milizionäre das Feuer und töteten 21 Personen.